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Wiederaufbau

Der evangelische Kirchenchor 2 11 1964

a) im Äußeren (Gebäude; Institutionelles)

Zunächst wurde der Konfirmandensaal bis unter die Orgelempore erweitert, so daß in diesen behelfsmäßigen Raum die Gemeinde bereits Pfingsten 1945 wieder einziehen konnte. Die weitere Wiederherstellung der Kirche nahm mehr Zeit in Anspruch, zumal Material und Handwerker, um die man fast betteln mußte, schwer zu haben waren, es war ja Hungerszeit, und wer irgend konnte, ging aufs Land zum Hamstern! Zur Wiederherstellung des Gewölbes wurden die Maurer wochenlang mit Lebensmitteln verpflegt, die freundliche Leute des Münsterlandes und das Evangelische Hilfswerk geschenkt hatten. Auf genaue Entsprechung der Ausmalung (Josef Hölscher) von früher im Innern mußte verzichtet werden.

Am 31. Oktober 1948, Reformationstag, fand die feierliche Wiedereinweihung durch Pfarrer Echternkamp statt, wobei Präses D. Koch über Psalm 46, Vers 7 u. 8, und Superintendent Dr. Viering über 1. Petrus 2, Vers 5 zu der über 1000köpfigen Gemeinde bei der Nachfeier sprachen. Es ist auch das kleine Häuschen hinter der Kirche wiederaufgebaut worden, wozu, und zu noch anderem, der Jungmädchenbund 2500 DM gesammelt hatte.

1950 wurde der Kirchturm (Wilh. Schäfer) neu beschiefert, und als letztes erfolgte, 1953, dann der Wiederaufbau der zerstörten Mauer an der Straße.

Mit der Wiederherstellung des Pfarrhauses wurde auch bald begonnen, so daß die Pfarrfamilie es wieder leidlich bewohnen konnte. Daß die Maurerarbeiten an Kirche und Pfarrhaus so rasch in Angriff genommen werden konnten, ist dem Entgegenkommen von Bauunternehmer Wesselmann sen. zu verdanken.
Die zerstörte Pfarrgartenanlage stellte Gartenmeister Hans Schmidt in einer schönen Anlage wieder her und machte sie nebst den neugepflanzten Obstbäumen der Kirchengemeinde zum Geschenk.

Der Wiederaufbau des Gustav-Adolf-Hauses - zweiter Männerdienstobmann Langwieler fungierte als „Baudirektor" - machte die größten Schwierigkeiten und erstreckte sich über einen langen Zeitraum. U, a. trug der CVJM, unterstützt durch die Maurerlehrbauwerkstätte Hamm, viel durch Selbsthilfe zur Herrichtung seiner Räume bei. Die Küche wurde wieder erneuert und diente längere Zeit als einziger Versammlungsraum überhaupt. Auch der alte Jungmädchenraum kam wieder in Ordnung.

Als ersten größeren Bauabschnitt erstellte die Kirchengemeinde den Erfrischungsraum, den Kindergarten und darüber einen neuen Nähschulraum, den der Kirchenchor zum Üben mitbenutzt (1951, Bauunternehmer: Rudolf Wenthaus; Architekt: Hermann Kleinholz, wie bereits 1925).

Die Wiederherstellung des großen Saales zog sich noch länger hin (bis 1958), da es an Geldmitteln fehlte. Seine Notwendigkeit wegen seiner zentralen Lage und seines Wertes für die Allgemeinheit wurde immer wieder gefordert. 1954 wurde begonnen (Bauunternehmer: Fritz Wesselmann). Unter der Bühne entstand ein neuer Klubraum für den CVJM, die Bühne selbst kann als Versammlungsraum mitbenutzt werden, und über der Bühne erhielten die jungen Mädchen ein neues Heim, alles, wie auch der Saal selbst, ansprechend und geschmackvoll eingerichtet (Malerarbeiten durch Josef Hölscher).

Zur Wiederherstellung von Kirche, Pfarrhaus und Gustav-AdolfHaus hat die Kirchengemeinde wohl manchen materiellen und finanziellen Zuschuß bekommen durch Zeche, Staat und Kommune, aber im wesentlichen aus kircheneigenen Mitteln dazu beigetragen, was ihr zur Ehre gereicht.

Bereits am 7. Mai 1945 konnte der Kindergarten unter Leitung von Fräulein Margot Läge mit 40 Kindern behelfsmäßig in der Philipp Melanchthon-Bücherei eröffnet werden. Die Leitung der Nähschule übernahm später Schneidermeisterin Margarete Kniest; die Gemeindeschwesternstation fand im Pfarrhause in zwei Mansardenzimmern eine neue Unterkunft, sie wurde 1945 wieder mit einer Wittener Diakonisse, Schwester Minna Krieger, besetzt, heute mit Schwester Helene Symanski. Als neuer Hausmeister fungierte Diakon Bluhm, der im Gustav-Adolf-Haus mit seiner Familie untergebracht war und sich der männlichen Jugend und auch des Dienstes in Herbern anzunehmen hatte. Auf ihn folgte nach gut einem Jahr als Hausmeister Nikolaus Schweinsberg bzw. seine Frau, und auf ihn bis heute Frau Wanda Beier, Flüchtling aus Lodz.

Da die kirchliche Verwaltungsarbeit sehr gewachsen war, richtete die Kirchengemeinde am 1. April 1950 im Raum der Philipp-Melanchthon-Bücherei ein Gemeindeamt ein, mit dem Herr August Bobe betraut wurde. Er übernahm zugleich den Küsterdienst als Nachfolger von Frau Elfriede Varenhold, deren Familie fast 40 Jahre den Küsterdienst innegehabt hatte. Heute versieht den Küsterdienst Frau Irmgard Diedrich bzw. deren Mann, für die im Gustav-Adolf-Haus eine Küsterwohnung geschaffen wurde.

Bald nach Kriegsende, 1945, löste die Kirchenbehörde das Amt eines Finanzbevollmächtigten auf; Herr Walter Faber, der es innehatte, blieb aber weiterhin Kirchenkassenrendant bis zu seinem Tode, 1948; sein Nachfolger wurde Herr Hermann Holtmann; heute ist es Herr Albert Eil jun.

Ebenfalls 1945 wurde die Bildung eines „vorläufigen Kirchenausschusses" verfügt; ihm gehörten an: Walter Faber als Kirchenkassenrendant, Franz Thiele, Obmann des Männerdienstes, Hans Schmidt, Leiter des CVJM, und Arthur Schmidt, Dirigent des Posaunenchors. Nach diesem Übergang kam es dann, 1948, zur Wahl eines Presbyteriums: Albert Eil sen., Gotthardt Schäl, Arthur Schmidt, Hans Schmidt, Paul Schweinsberg, Gustav Stellmacher, Franz Thiele, Dr. med. Hermann Vogt. Später traten aus Herbern noch hinzu: außer Pfarrer Dr. Klein erst Presbyter Stellmacher, dann Adolf Bräunig und Gerhard Alisch, und aus Walstedde außer Pfarrer Bufe Herr Blumenau.
Ein aus allen Mitarbeitern der Kirchengemeinde bestehender Gemeindebeirat trat dem Presbyterium bald zur Seite.
Kirchmeister wurde Posaunenchordirigent Arthur Schmidt.
1946 kehrte Pfarrer Echternkamp, mit großer Freude von der Gemeinde begrüßt, aus der Gefangenschaft zurück.

Im gleichen Jahr wurde die Philipp-Melanchthon-Bücherei wieder eröffnet, im Laufe der Jahre aber wenig benutzt.
Ein wirtschaftlich einschneidendes Ereignis war der „Währungsschnitt", die Umstellung auf die „D-Mark", 1948; es folgte die „Gegenwartsbesteuerung" und der Anschluß unserer Kirchengemeinde an den Gesamtkirchensteuerverband Münster.

Seit 1949 besteht das „Sommerfest" als ständige Einrichtung, wobei die Gemeinde sich näher kennenlernen soll und der Reinertrag einem kirchlichen Gemeindezweck zugeführt wird.

Im folgenden Jahr, 1950, kam es zur Gründung des Gemeindehausbauvereins unter Vorsitz von Bergassessor Schulte-Borberg. Nach Auflösung des Vereins, 1958, schloß sich unmittelbar die Gründung eines Kirchbauvereins in loser Form an, der durch etwa 120 Sammler und Sammlerinnen monatliche Beiträge einsammelt, denn ein neues Gemeindezentrum mit Kindergarten und Pfarrhaus wird im Norden der Stadt zur Notwendigkeit.
Von 1950 an bekam die Gemeinde Lehrvikare (s. bes. Verzeichnis) zugewiesen, deren erster Heinz Elsermann war -- sie wohnten im Pfarrhause -, und 1953 zog als erster Hilfsprediger (s. bes. Verzeichnis) Friedrich Kochs in die Gemeinde ein, nachdem eine ständige Hilfspredigerstelle von der Kirchenbehörde genehmigt war. Für die Hilfsprediger wurde jeweils ein besonderer Seelsorgebezirk abgezweigt.

Am 11. November 1953 besuchte anläßlich einer synodalen Kirchenvisitation Präses D. Wilm unsere Gemeinde, herzlich empfangen vom Posaunenchor mit Gustav Adolfs Feldlied und dem Lutherliede.
Als nach dem Kriege auch viele evangelische Flüchtlinge in unsere Gemeinde einströmten, deren Zahl im Jahre 19,16 bereits 728 betrug und später noch viel stärker anwuchs, kam es zur Einrichtung eines „Evangelischen IIilfswerks", dessen Gesamtleitung im britisch be-setzten Gebiet Pastor Pawlowski, Bielefeld (1924-1926 in BockumHövel), hatte. Auch in unserer Gemeinde bildeten sich ein Komitee und ein besonderer Freundeskreis. So konnten z. B. 1946 über 1600 Alte, Arme und Flüchtlinge betreut werden. Später kamen Verschickungen zu verbilligten Kuren (Usseln im Hochsauerland und Nordseeinsel Borkum) hinzu.

1950 wurde uns ein Pfarrbezirk der evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Köpenick als Patengemeinde zugewiesen, die durch Gaben aus dem „Korb der Barmherzigkeit" (im Vorraum der Kirche) und durch sonstige Sammlungen unterstützt wird.

1951 führte das Presbyterium eine neue Läuteordnung ein (1956 Elektrifizierung des Geläuts), und ebenfalls 1951, und auch 1952, besuchte eine „Studentenmission" (Theologiestudenten) unsere Gemeinde.


Die Kirche bekam einen „Aushängekasten", in dem eine Zeitlang auch der „Evangelische Filmbeobachter" zu Worte kam. Am Ende des Jahres weihte die politische Gemeinde einen neuen „Zentralfriedhof" mit einer Kapelle an der Bockumer Straße ein. Auf ihm findet nun auch am Totensonntag eine Gedenkfeier statt, während die Feiern am Bergmannsehrenmal fortgefallen sind.

Das Gustav-Adolf-Haus bekam im Vorraum eine Gedenktafel für die durch Fliegerbomben umgekommenen Gemeindeglieder geschenkt. Eine Arbeitsgemeinschaft „Kirche und Gewerkschaft" trat 1956 ins Leben, die von einem Komitee geleitet wird. Außerdem bildeten sich später eine „Christliche Gewerkschaft" und ein „Christlich-Sozialer Verein" (EAB), beide unabhängig von der Ortskirchengemeinde.

1956 erwarb die Kirchengemeinde für den Bau eines Gemeindezentrums von den Hagenholtschen Erben ein 10 000 qm großes Grundstück an der Uphofstraße, das z. Z. an den Hauderer Gerhard Döbbe verpachtet ist.
Am 1. Oktober 1954 richtete die Gemeinde ihre dritte Pfarrstelle mit Sitz in Herbern ein (Pfarrer Dr. Klein).
1956 wurde Bockum-Hövel Stadt.
1958 berief das Presbyterium einen Kindergartenvorstand; am 1. Juli 1959 trat Pfarrer Bufe (Walstedde) in den Ruhestand, und am 1. Oktober 1959 Pfarrer Lorentz, der nach Marburg (Lahn) verzog. Als sein Nachfolger wurde Pastor Karl Uffmann am 13. Dezember 1959 durch Superintendent Dr. Viering in sein Amt eingeführt.

Erwin Lorentz